Liebe Leserinnen und Leser, liebe Hörerinnen und Hörer,
heute nehmen wir uns wieder Zeit für etwas Lyrik, halten kurz inne und lassen den Alltag Alltag sein. Herausgesucht habe ich ein Gedicht von Annette von Droste-Hülshoff, wunderbar rezitiert von der Schauspielerin Sophie Rois:
Wie sind meine Finger so grün
Wie sind meine Finger so grün?
Blumen hab ich zerrissen.
Sie wollten für mich blühn
Und haben sterben müssen.
Wie neigten sie um mein Angesicht,
Wie fromme schüchterne Lieder.
Ich war in Gedanken, ich achtet’s nicht
Und bog sie zu mir nieder.
Zerriss die lieben Glieder
In sorgenlosem Mut.
Da floss ihr grünes Blut
Um meine Finger nieder.
Sie weinten nicht, sie klagten nicht,
Sie starben sonder Laut.
Nur dunkel ward ihr Angesicht,
Wie wenn der Himmel graut.
Sie konnten mir’s nicht ersparen,
Sonst hätten sie’s wohl getan.
Wohin bin ich gefahren
In trüben Sinnens Wahn?
O töricht Kinderspiel!
O schuldlos Blutvergießen!
Und gleicht’s dem Leben viel.
Lasst mich die Augen schließen.
Denn was geschehn ist, ist geschehn,
Und wer kann für die Zukunft stehn?
von Annette von Droste-Hülshoff (1820)

Viele Grüße
Eure Beate Sleegers
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